Fitness Standards

Fitness Standards

Immer wieder stellt sich die Frage: Was ist eigentlich Fitness?

(Wer einfach nur die Standards einsehen will, kann den Sermon der ersten Absätze überspringen und einfach zum Ende des Textes springen. Er oder sie bringt sich damit aber um eine recht interessante Erläuterung der Eingangsfrage 😉 )

Fitness ist ein Modebegriff und umfasst je nach Sichtweise verschiedenste Interpretationen. Schon Darwin schrieb vom „survival of the fittest“.  Es ist immer schwer, sich einem so vielschichtigem Begriff ganz klar und strukturiert zu nähern. Zum Thema Fitness in Bezug auf die Leistungsfähigkeit von Soldaten habe ich HIER und HIER bereits einige Überlegungen zusammengetragen.

Im Grunde heißt in diesem Kontext Fitness einfach nur, bestimmten körperlichen Anforderungen gerecht zu werden. Die jeweiligen Anforderungen können sich natürlich unter Umständen dramatisch unterscheiden. Es ist etwas komplett anderes, die Anforderungen für die Schwimm-Olympiamannschaft oder für ein Amateursportevent im Basketball oder für eine körperlich fordernde Berufliche Tätigkeit (z.B. Stahlwerk, Altenpflege, Feuerwehr) zu erfüllen. Oder – etwas weiter ausgeholt – einfach nur fit zu sein in dem Sinne, einfache tägliche Verrichtungen durchführen zu können. Und das kann auch etwas sehr banales wie Treppensteigen oder sich selbst anziehen sein. Diese Beispiele zeigen, dass es so etwas wie allgemein verbindliche Fitness-Standards eigentlich gar nicht gibt.

Ich will aber in diesem Artikel genau über diese Fitness-Standards schreiben. Klar, wir haben gesehen: Fitness ist immer von der Anforderung abhängig. Dennoch haben wir alle bestimmte Vorstellungen von „Fitness“ in unserem Kopf, wenn wir dieses Wort hören. Bei den meisten werden diese Vorstellungen ästhetische, schlanke, eventuell muskulöse Körper, eine gute Ausdauerleistung und Kraft beinhalten. Natürlich ist diese Vorstellung insofern irreführend, als dass man auch ohne diese Attribute fit sein kann und oftmals ist.

Wenn man Fitness als eine allgemeine körperliche Leistungsfähigkeit bezeichnet, mit der man in der Lage ist, die meisten Anforderungen, die das Leben physisch an meine Leistungsfähigkeit stellt, gut zu tolerieren und zu bestehen, kann man aber durchaus konkreter werden. Eine solche Definition von Fitness passt sehr gut zur Philosophie der ursprünglichen Körperkultur (der Vorläuferin des heutigen etwas „entarteten“ Bodybuildings), aber auch zur Körperphilosophie der alten Griechen (man denke nur an Sokrates und sein Zitat „Für einen Mann ist es eine Schande alt zu werden, ohne die Schönheit und Stärke zu erfahren, zu der sein Körper in der Lage ist“ – sei es nun wahr oder zugeschrieben).

Für mich ist es ein praktikables Denkmodell, eine solche Fitness mit dem Begriff von Military Fitness zu verbinden. Ein Soldat muss fit in einem relativ vielseitigen Sinne sein. Er muss sämtliche konditionellen Fähigkeiten – natürlich auch mit Schwerpunkten – gut entwickeln. Insofern ist ein Soldat immer relativ breit aufgestellt im Vergleich zu Spezialisten in bestimmten Sportarten oder anderen körperlich fordernden Bereichen. Er muss einfach alles können. Die wenigsten Dinge wirklich perfekt (wir reden hier nur von konditionellen Fähigkeiten!), aber alles relativ gut.

Military Fitness im Hauptsmoorwald bei Bamberg

Wie sieht so etwas nun in der Praxis aus. Bevor wir zu konkreten Zahlen kommen, noch einige Vorüberlegungen. Wir alle sind normale Menschen. Vieles, was man – insbesondere im Internet – liest, hört oder hört, ist nicht praktikabel oder realistisch, wenn man kein genetischer Freak ist oder leistungssteigernde Substanzen zu sich nimmt. Man sollte sich bei Standards daher nicht an Athleten der Crossfitgames oder an Olympioniken orientieren. Beispiel: Nur mal wild aus den Standards an Crossfit-Athleten herausgegriffen, müsste schon jemand in der Klasse Mens 1 in der Lage sein, 200 kg im Kreuzheben zu schaffen, 110 kg umzusetzen, 75 kg über Kopf zu drücken, 10 km unter 48 min. zu laufen und 200 Yards unter 3min. zu schwimmen. Wenngleich diese Leistungen für einen sehr motivierten und genetisch gut ausgestatteten Athleten noch realistisch sein mögen, sind die Leistungen in der Klasse Mens 10 für normalsterbliche Menschen quasi  nicht zu erreichen. Hier müsste man 280 kg Kreuzheben schaffen, 190 kg umsetzen, 120 kg über Kopf drücken, 10 km unter 40 min. laufen und 200 Yards in 2:05 min. schwimmen. Diese Leistungen sind an sich für spezialisierte Athleten bereits als einzelne Leistung mehr als bemerkenswert, in dieser Kombination für Normalos – die noch dazu keine Vollzeitathleten sind – quasi nicht leistbar.

Man sollte sich bei einem breiten Verständnis von Fitness also weder an Spitzenathleten, noch an Höchstleistungen spezialisierter Athleten in einzelnen Sportarten orientieren. Bei der Einschätzung von Fitnessleistungen sollte wie in so vielen Fällen die 80/20-Regel gelten. Heißt: Mit 20 Prozent Aufwand erhalte ich 80 Prozent des Ertrages. Um auf die restlichen 20 Prozent Ertrag zu kommen, müsste ich noch 80 Prozent mehr Aufwand investieren, immerhin eine Steigerung um den Faktor vier. Das ist in den meisten Fällen nicht verhältnismäßig.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass für Fitness immer die Frage entscheidend ist: Fit wofür? Für Military Fitness und entsprechend für meine Definition einer allgemeinen Grundfitness sollte man sich also u.a. stark an den Anforderungen der Fitnesstest von verschiedenen Armeen und Einheiten orientieren. Dies können z.B. der BFT oder der PFT der Bundeswehr, der Kampfschwimmer Eingangstest, der US Army PFT oder der Ranger PFT, der US Navy SEAL Fitness Test oder auch neuere und innovative Fitnesstests wie der Army Combat Fitness Test oder Combat Fitness Test der Bundeswehr.

Wir haben also unter anderem zusammengefasst an die Standards folgende Anforderungen:

  • Praktikabel (hinsichtlich der verwendeten Ausrüstung und der Vorkenntnisse)
  • Zeiteffektiv (Training muss neben Arbeit, Hauptsportart, Privatleben etc. möglich sein)
  • Aussagekräftig (Leistungsfähigkeit muss abgebildet werden)
  • Vergleichbar (gleiche Voraussetzungen für alle)

Wir benötigen also realistische Standards, die auch die oben erwähnten Testkriterien berücksichtigen. Folgende Standards erscheinen mir nach Literaturrecherche und eigener Erfahrung hierfür geeignet:

Kraftstandards relativ zum Körpergewicht (KG)

  • Kniebeuge hinten: Männer 1,5 KG Frauen 1,0 KG
  • Kreuzheben: Männer 2,0 KG Frauen 1,5 KG
  • Schwungdrücken: Männer 1,0 KG Frauen 0,75 KG
  • Bankdrücken: Männer 1,5 KG Frauen 1,0 KG
  • Umsetzen: Männer 1,25 KG Frauen 1,0 Kg
  • Umsetzen und Stoßen: Männer 1,0 KG Frauen 0,75 KG

Standards für Kraftausdauer mit eigenem Körpergewicht

  • Kniebeuge > 100 in 2 Minuten
  • Liegestütze: > 100 in 2 Minuten
  • Klimmzug: > 20 in 2 Minuten
  • Sit-up: > 100 in 2 Minuten

Standards für Ausdauer:

  • 1 km in 3 Minuten
  • 3 km in 12 Minuten
  • 5 km in 20 Minuten
  • 10 km in 45 Minuten
  • 22,5 km (Halbmarathon) durchhalten bis zum Ende
  • Gepäckmarsch 12 km in 120 Minuten mit 20kg Gewicht
  • Gepäckmarsch 30 km in 5 Stunden mit 20 kg Gewicht
  • Marsch 80 km in 20 Stunden („Kennedy March“)
  • Schwimmen 500 m in 8 Minuten
  • Rudern 3 km in 8 Minuten

Was hältst du von den Standards? Ich glaube, alle sind bei regelmäßigem Training gut zu schaffen. Willst du auch mal Military Fitness ausprobieren oder trainierst du für ein spezielles Ziel und benötigst Unterstützung? Dann melde mich bei mir! Training ist möglich in Bamberg und München. Schreib mir einfach: ralf@polytechnic-fitness.de

Ralf Stöcklein bei Military Fitness auf der Giechburg bei Scheßlitz bei Bamberg